„Ich bin zu viel für andere“ und wie ich mich aus dieser Falle befreite
„Du bist zu empfindlich.“
„Reiß dich halt zusammen.“
„Immer dieses Drama mit dir.“
„Jetzt tu doch endlich normal.“
Das waren alltägliche Sätze, die ich immer und immer wieder zu hören kriegte und die sich wie ein Mantra tief in jede meiner Zellen einbrannten.
Ich habe früh gelernt:
Ich bin zu viel.
Zu laut, zu leise, zu emotional, zu anstrengend.
Zu bedürftig.
Zu intensiv.
Und natürlich: zu sensibel für diese Welt.
Das Feedback kam nie direkt. Aber es lag in den Blicken.
In der Ablehnung.
Im Wegdrehen.
Im: Ich-kann-mit-dir-nichts-anfangen.
Und ich?
Ich dachte, das alles liegt an mir.
Dass mein Wesen falsch ist.
Meine Intensität ein Fehler.
Meine Hochsensibilität ein Makel.
Was ich nicht wusste:
Ich war nicht „zu viel“.
Ich war ein Kind mit einem dysregulierten Nervensystem.
Ein Kind, das sich angepasst hat an ein Umfeld, das weder sicher noch bindungsfähig war – und mich immer wieder aufs Neue traumatisierte.
Ein Umfeld, dass nicht fähig war, mir das zu schenken, was ich damals gebraucht hätte: Vertrauen ins Leben. Sicherheit. Geborgenheit. Das Gefühl, genau so richtig zu sein, wie ich bin.
Kein Wunder, konnte ich nicht so aufwachsen, dass ich mein Potenzial hätte erkennen und entfalten können.

Ist es die Hochsensibilität? Oder einfach ein Nervensystem, das nie zur Ruhe kam?
Ich war nicht einfach sensibel.
Ich war hochreaktiv.
Ich war überfordert mit Lautstärke, Druck, Nähe, Erwartungen – weil mein System permanent auf Alarm stand.
Chronisch übererregt.
Chronisch erschöpft.
Und dabei funktional wie ein Uhrwerk.
Denn ich hatte gelernt, zu überleben. Ständig auf der Hut zu sein.
Ich habe gelernt, Gesichter und Emotionen zu lesen. Mein Radar war ständig am Laufen und unterschied zwischen „guten“ „neutralen“ und besonders gefährlichen Tagen, an denen man unsichtbar zu sein hat.
In einem hoch traumatisierenden Umfeld gibt es eigene Regeln.
Beladen mit einem vollgepackten emotionalen Rucksack habe ich mich meine ersten 21 Lebensjahre diesen Regeln angepasst.
Meine Souvenirs, die ich ungewollt mitgenommen habe: Entwicklungstrauma, Bindungstrauma und eine desorganisierte Bindung, die mich zerrissen hat.
Ich habe komplexe posttraumatische Belastungsstörungen nicht studiert – ich habe sie verkörpert.
Jahrelang. Jahrzehntelang.
Von außen war ich leistungsfähig und unglaublich ehrgeizig.
Das war meine Überlebensstrategie, um irgendwie mit dem allem klar zu kommen.
Doch tief in mir dirn war ich zerbrechlich, unverbunden, taub.

Ich war nicht „falsch“ – ich war in einem Notfallzustand.
Heute weiß ich:
Ein dysreguliertes Nervensystem hat genauso wenig mit Charaktereigenschaften zu tun wie es keine wirkliche Identität ist, auch wenn es diesen Anschein machen kann.
Dysregulation ist ein Symptom.
Ein biologischer Zustand.
Eine gesunde Reaktion auf ungesunde Erfahrungen.
Auf zu viel Stress.
Zu wenig Halt.
Zu wenig Schutz.
Zu wenig Liebe, die geblieben ist.
Was die Welt „Hochsensibilität“ oder „ADHS“ nennt, ist oft nur die Spitze vom Eisberg.
Und darunter:
Ein System, das nie gelernt hat, was Sicherheit ist.
Ein inneres Kind, das nie erfahren hat, dass es gehalten wird, ohne etwas leisten zu müssen.
Ein Kind, das viel zu früh erwachsen werden musste, weil da niemand war, der ihm hätte zeigen können, wie man reif mit Emotionen umgeht. Weil da niemand war, der erwachsen mit Herausforderungen umgehen und sich selbst reflektieren konnte.
Vielmehr waren immer die anderen Schuld an der eigenen Misere. Das Kind, die Schule, die Nachbarn, der böse Chef, die schlimme Welt.
Traumaintegration ist weder ein Yoga-Mantra, noch eine Breathwork Session oder Kampfmeditation.
Es hat mich Jahre und wirklich viel Geld gekostet, das zu verstehen:
Trauma verschwindet nicht, indem wir es wegatmen.
Es integriert sich nicht, indem wir drüber reden, verstehen, warum xyz uns passiert ist und in niemals endenden Vergebungsritualen Dankbarkeit für unseren Weg zelebrieren.
Traumaintegration ist Arbeit.
Körperarbeit.
Bindungsarbeit.
Das mühsame, zärtliche Wiederfinden von Verbindung.
Zuerst zu mir selbst. Dann zu anderen.
Und wer Trauma und seine Dynamiken nicht versteht kann Menschen ins Nirvana Coachen oder mit ihnen in spirituelle Sphären flüchten, es wird nichts bringen.
Denn Traumaintegration spielt auch nach seinen eigenen Regeln.
Diese zu verstehen ist fundamental, wenn Heilung ganzheitlich und in der Basis geschehen soll, so dass sie nachhaltig ist.
Ich musste das innere Kind in mir heilen, das jahrzehntelang nichts anderes kannte als Kampf, Flucht, Erstarrung, Fawn.
Ich musste aufhören, gegen meine Symptome zu kämpfen und anfangen, ihre Botschaft zu hören.
Dabei habe ich so vieles probiert, dass ich fast auf der Suche nach meinem fehlenden Puzzleteil aufgegeben hätte.
Denn in jeder Ausbildung, in jedem Coaching fand sich immer derselbe Ablauf wieder: Ich machte Fortschritte. Grosse, Manchmal schnelle, manchmal langsamere. Aber ich machte Fortschritte. Bis dann irgendwann wieder das ganze Kartenhaus zusammen bracht.
Die Methoden bei mir nicht mehr griffen. Ich nicht mehr weiter kam. Mir gesagt wurde, dass es halt an mir läge. (Wie wenn ich das nicht schon ein ganzes Leben lang gehört hätte)
Und da war es wieder das Gefühl: obwohl ich 100% Effort gab, war ich wieder zu viel.
Zu viel Trauma für die anderen,
Zu viel Drama für die anderen.

Mein Weg? radikal. real. verkörpert.
Ich habe gelernt, mein Nervensystem zu verstehen und es zu regulieren.
Nicht durch Methoden. Sondern durch Beziehung.
Ich habe gelernt, dazubleiben wenn mein Körper gehen will.
Ich habe gelernt, mir und meiner Geschichte mit Wertschätzung und Mitgefühl zu begegnen, ohne mich unter Druck zu setzten mit einer Fantasie von einem Happyend, das vielleicht niemals eintreten wird.
Ich habe gelernt mich zu halten – wenn niemand da ist, der es tut.
Ich habe mich für einen Weg entschieden, der nicht hübsch aussieht.
Aber echt ist.
Kein Coaching-Mantra.
Kein Hochglanz-Heilversprechen.
Keine Schagga Schagga „Ich bin die Beste“ Affirmationen.
feinSEIN ist kein Zustand.
Es ist eine Entscheidung: liebevoll und geduldig dranzubleiben, auch wenn es weh tut.
Ein Fundament zu erschaffen, dass dies überhaupt ermöglicht.
Sanft zu werden mit mir, auch wenn ich gerade hart bin.
Mich zu ehren – gerade weil ich so viel fühle und wahrnehme. Und genau das zu verstehen und nicht mehr zu negieren.
Du bist nicht zu viel. Niemand ist zu viel.
Vielleicht ist dein Umfeld zu wenig.
Vielleicht ist deine Feinheit kein Makel,
sondern eine Superpower,
die du noch nicht reguliert verkörperst.
Wenn du das kennst – das Überleben.
Das Funktionieren.
Das „Ich bin falsch“-Gefühl im Kern deiner Zellen –
dann weißt du auch:
Trauma ist nicht das Ende.
Es ist der Anfang.
Und dieser Weg – zurück zu dir – beginnt genau hier.
Nicht in der perfekten Version von dir.
Sondern in der ehrlichen.
In der, die sich erlaubt, endlich alles zu fühlen –
ohne darin unterzugehen.
feinSEIN ist nicht für alle.
Aber vielleicht für dich.
Wie Heilung wirklich beginnt
Heilung beginnt nicht dort, wo alles „gut“ ist.
Nicht da, wo du funktionierst.
Nicht, wo du lächelst und sagst: „Ich hab’s im Griff.“
Heilung beginnt da, wo du dich nicht mehr versteckst.
Da, wo du stehen bleibst, wenn dein System fliehen will.
Da, wo du dem Teil in dir zuhörst, den du am liebsten wegsperrst, weil er dir peinlich ist.
Heilung ist kein geradliniger Weg. Es ist einer mit Ups and Downs.
Manchmal fühlt es sich an wie Rückfall.
Wie Schwäche.
Wie Versagen.
Aber in Wahrheit ist es ein Zurückgehen – zu den Stellen, an denen du dich selbst verloren hast.
Und ein sanftes Wiederaufnehmen dessen,
was du lange ablehnen musstest, um zu überleben.
Du übernimmst die reife und erwachsene Verantwortung für dich und deinen Weg, auch wenn da niemals reife und erwachsene Menschen dich in dein Leben begleiteten.
Wenn du das aushältst – das rohe, ungeschönte, unsichere Dazwischen, das bis jetzt vielleicht noch kein Mensch in deinem Umfeld ausgehalten hat – bist du schon mittendrin.
Im echten Heilungsweg.
Im Erinnern an dich.
Und irgendwann wirst du merken:
Du funktionierst nicht mehr.
Du fühlst.
Und das ist ein verdammt gutes Zeichen.

Fazit: Du bist nicht kaputt. Du bist geprägt.
Wenn du dich oft fragst, warum du so fühlst, so schnell überfordert bist, dich falsch, zu viel, zu empfindlich –
dann ist die Antwort vielleicht nicht: „Weil du krank bist.“
Sondern:
Weil du geprägt bist.
Von Erfahrungen, die zu groß waren.
Von Bindungen, die nicht gehalten haben.
Von Verantwortung, die nie dein Job war.
Dein Nervensystem ist nicht fehlerhaft.
Es ist intelligent.
Es hat dich beschützt – oft mit einem hohen Preis.
Aber es hat dich hierhergebracht.
Du bist kein Problem. Du bist ein lebendiger Prozess.
Und Prozesse brauchen Raum, Zeit, Mitgefühl –
und vor allem: Begleitung, die nicht von dir verlangt, wieder zu „funktionieren“,
sondern die dich unterstützt, wirklich zu leben.
Wenn du bereit bist, nicht nur an dir zu arbeiten,
sondern dich tiefer mit dir zu verbinden,
dann bist du nicht zu viel.
Dann bist du endlich richtig.
Ich bin diesen Weg gegangen.
Und ich geh ihn immer noch.
Nicht perfekt, aber wahrhaftig.
feinSEIN ist meine Sprache. Und vielleicht auch deine.
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WAS DICH ERWARTET:
• Tieferes Verstehen deines Nervensystems – jenseits von Theorie
• Erforschung deiner persönlichen Muster – ohne Bewertung
• Sanfte Regulationsimpulse zum Mitmachen – live oder in der Aufzeichnung
• Raum für Spüren, Ankommen, Vertrauen
• Bonus: Reflexionsblatt & Mini-Workbook zur Integration
Du brauchst keine neue Methode.
Du brauchst dich.
Nicht besser, sondern echter.
Nicht lauter, sondern präsenter.
Wenn du spürst, dass jetzt der Moment ist, in dem du nicht nur über dein Nervensystem reden,
sondern es verkörpern willst – dann bist du hier genau richtig.